Die Umgebung könnte nicht besser gewählt sein. Der kleine Flugplatz unweit von Los Angeles ist der ideale Platz für die erste Ausfahrt mit dem visionären Jaguar. Auf dem Pariser Automobilsalon Anfang Oktober war der C-X75, den sich Jaguar selbst zum 75. Firmenjubiläum schenkte, einer der gefeierten Zukunftsstars. Ebenso spektakulär wie sein Design ist die Antriebstechnik des coolen Briten. "Der Prototyp wird an sich von vier Elektromotoren angerieben, die in den Radnaben sitzen", sagt Projektleiter Nigel Taylor. "Die leisten 4 x 145 KW bzw. 4 x 195 PS und ein maximales Drehmoment von bis zu 1.600 Nm."
Frisch an der 220-Volt-Steckdose aufgeladen, lassen sich rein elektrisch bis zu 110 Kilometer zurücklegen. Damit nicht genug. Zwei kleine Gasturbinen im Heck des Supersportlers treiben mit ihren bis zu 80.000 U/min einen Range Extender (Reichweiten-Verlängerer) an, der eine Fahrstrecke von bis zu 900 Kilometern ermöglicht. Mögliche Höchstgeschwindigkeit: 330 km/h und eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 3,4 Sekunden.
Dabei ist der 1.375 Kilogramm schwere C-X75 ein serieller Plug-In-Hybrid. Der Antrieb erfolgt rein elektrisch, die beiden Gasturbinen haben keinen Kontakt zur Achse und sind lediglich als mobile Stromgeneratoren an Bord. Sie lassen sich mit allen erdenklichen Treibstoffen befeuern. "Die beiden Gasturbinen laufen bei dem Prototypen noch nicht", trübt Taylor die Begeisterung: "Dieses C-X75-Showcar wird von einem kleinen Elektromotor angetrieben."
Auf das Zünden der kleinen Mikro-Turbinen wartet der Pilot des britischen Sportlers also vergeblich. Dann würden pro Minute mehr als 35.000 Liter Luft durch die Düsen rasen, die unter einer Plexiglasscheibe liegen. Ein beherzter Kick auf das polierte Aluminiumgaspedal - und der rund vier Meter lange Beau setzt sich nahezu geräuschlos in Bewegung. Langsam. Denn mehr als 40 km/h Spitze sind bei dem Einzelstück nicht drin. Keine Gefahr für die Umgebung. Auf der ausladenden Heckschürze gibt es trotzdem den Warnhinweis: "Beware of blast."
Erinnerungen an 300 km/h
"Bei einer realen Umsetzung unserer Studie würde bis 160 km/h nur eine Turbine laufen", erklärt Taylor, "für höhere Geschwindigkeiten würde sich die zweite dazu schalten. Schließlich soll jede Turbine mit hoher Drehzahl laufen, um besonders effizient zu sein. Dann ist sie leistungsstark und wartungsarm. Wir prüfen ernsthaft den Serieneinsatz von kleinen Gasturbinen für die Zukunft."
Nahezu geräuschlos krabbelt der Jaguar im Jet-Design an grauen Flugzeug-Hangars und privaten Learjets die Startbahn entlang. Erinnerungen an den Supersportwagen Jaguar XJ 220 kommen auf, der zwar keinen Düsenantrieb besaß, sich mit einer Höchstgeschwindigkeit von weit über 300 km/h aber wie ein Kampfjet fuhr. Seither warten die Briten auf einen echten Supersportler.
"Sicher würde uns ein echter Supersportwagen für das Image gut tun", glaubt Chefdesigner Ian Callum. "Wir haben sieben bis acht Monate vor dem Pariser Salon mit der Arbeit an dem C-X75 begonnen. Alle Mitarbeiter waren sofort begeistert. Aber erst einmal stehen andere Projekte im Vordergrund." So bleibt der Zweisitzer zunächst ein reines Entwicklungsprojekt und wird in dieser Form wohl niemals gebaut.
Aber nicht von ungefähr hat sich Konzerninhaber Ratan Tata vor einigen Monaten mit 25 Prozent an der Firma Bladon Jets beteiligt: Die fertigt kleine Gasturbinen. Vielleicht wird der Jaguar C-X75 mittelfristig doch noch Realität?
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