Während des Zweiten Weltkriegs ruhte die Autoproduktion in den USA. Um so größer war nach Kriegsende der Nachholbedarf Aber mit den 50er Jahren begann der Konkurrenzkampf um die Gunst der Käufer. Der wurde mehr mit optischen als mit technischen Mitteln geführt. Die Styling-Abteilungen - allen voran General Motors' "Art and Color Section" - erlangten immer größere Bedeutung.
Schon seit Ende der 20er Jahre gab es eine Verkaufsstrategie, die "planned obsolescence" (geplantes Veralten) genannt wurde: Jedes Jahr kam ein neues Modell auf den Markt. So konnten die Nachbarn auf den ersten Blick erkennen, wie alt das Auto war und natürlich wollte sich keiner in einem veralteten Modell erwischen lassen. Dadurch wurde geschickt der Verkauf von Neuwagen forciert. Nach dem Krieg fand dabei das Lebensgefühl: "Wir sind die Größten!" immer mehr Ausdruck in den Autos. Vor allem der verschwenderische Umgang mit Chrom wurde zum Markenzeichen.
Raketen für den Highway
Die Heckflossen entwickelten sich langsam aus den hinteren Kotflügeln des 48er Cadillacs, die vom Heckleitwerk des P-38-Lightning-Jägers inspiriert waren - wie überhaupt viele Stilelemente aus dem Flugzeugbau genutzt wurden. Zunächst ging die Entwicklung noch recht langsam, die "Heckflossen" bei Cadillac waren eher hochgesetzte Rücklichter. Bis 1953 blieben sie praktisch unverändert. Ab 54 wuchsen sie dann zu größeren Knubbeln, die bei den normalen Cadillacs bis 56 wieder fast unverändert blieben. Das Sondermodell Eldorado hatte '55 und '56 die ersten "richtigen" Flossen. Die '59er Flosse ist dann bei allen Modellen die größte Flosse aller Zeiten - mit Raketenrückleuchten. Die 60er wurde dann merklich zurückgestutzt - '65 war die Heckflosse dann ganz verschwunden. Bei den anderen Marken verlief die Entwicklung zeitlich ungefähr parallel.
Sowohl Hubraum und Leistung der Motoren als auch Abmessungen und Gewicht der Autos wuchsen ständig. '55 war der V8 Motor die Standardmotorisierung, selbst in der Unterklasse. Automatikgetriebe gab es schon vor dem Krieg, Mitte der '50er waren auch sie überall Standard. Diese Entwicklung wurde erst '72 durch die Ölkrise gestoppt, mit der langsam ein Umdenken einsetzte.
Pink Cadillac
Ein paar der rollenden Legenden aus dieser Zeit sind in der Glashalle der Leipziger Messe ausgestellt. Der "Pink Cadillac" zum Beispiel, ein '56er Sedan DeVille. Es ist das Originalauto aus dem Kinofilm "Knocking on Heaven's Door" mit Til Schweiger. Damit er auch im richtigen Pink lackiert werden konnte, musste ein Techniker extra nach Memphis/Tennessee fliegen. In der "Villa Graceland", dem Elvis-Museum, steht nämlich der Cadillac, den Elvis seiner Mutter geschenkt hatte, und von dem musste eine Farbprobe genommen werden.
Der '59er Cadillac hat die höchsten Flossen aller Zeiten und zwei raketenförmige Rücklichter pro Seite. Das ist das Auto, das jedem sofort in den Sinn kommt, wenn er an Heckflossen denkt. Der '59er Chevrolet hat "Bat Wings" (Fledermaus Flügel), "Cat's Eye Taillights" (Katzenaugen Rücklichter) und einen Kofferdeckel, "auf dem eine Piper landen kann".
Chrom satt
Der '58er Buick hat 160 Chromquadrate im "Fashion Aire Dynastar Grill" (Kühlergrill) und ist das Modell mit dem meisten Chrom aller Zeiten: 160 Kg. Der Edsel sollte als größter Flop in die Geschichte eingehen. '58 als neue Marke von der Ford Motor Company mit Millionen-Aufwand auf den Markt gebracht, wurde er von den Kunden nicht angenommen - unter anderem wegen seines als obszön geltenden Grills, der mit dem weiblichen Geschlechtsteil verglichen wurde. 1960 verschwand die ganze Marke wieder.
35 US-Cars stehen in der Halle - Leihgaben von US-Car-Clubs und privaten Sammlern. Allein aus dem Cadillac Museum stammen acht der interessantesten Autos. Hilfe bei der Vermittlung der Exponate leistete die US-Car Fachzeitschrift "Street Magazine".
|