Kurz & bündig
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[+] Rasanter Motor, sehr gute Sitze, herausragende Fahrleistungen, sicheres Fahrverhalten, präzise Lenkung. bissige Bremsen, sehr gutes Automatikgetriebe |
[-] Teuer in Anschaffung und Unterhalt, hoher Verbrauch, unübersichtliche Bedienung, teils billig wirkende Materialien |
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Auch wenn die Sonne nicht gerade am Himmel strahlt: Das muss jetzt sein. Doch die ersten Kilometer im Ferrari F12 Berlinetta durch die Münchner Innenstadt sind eher enttäuschend. Wo bleiben die hoch gereckte Daumen und gezückten Handykameras? Hier und da ein paar interessierte Blicke - doch wirkliches Aufsehen über den Supersportler ist anders.
Das liegt wohl nicht nur an der silbermatten "Tarn"-Lackierung und am Design des F12. Das ist sportlich, elegant, schick und sportlich - aber alles andere als martialisch. Wo ein Lamborghini Aventador optisch wie akustisch brüllt und so für Aufsehen sorgt, hält sich der Berlinetta zurück, obschon er mit seinem 740 PS starken 6,3-Liter-V12-Triebwerk in der gleichen Leistungsklasse sapielt wie die Flunder aus Sant‘ Agata.
Der Ferrari F12 Berlinetta ist ein Supersportwagen. Auf Wunsch bis zu 350 km/h schnell. Doch die Münchner Stadtbevölkerung, Nobelkarossen und Sportwagen gewöhnt wie andere Städter VW Golf oder 3er BMW, kann mit dem F12 anscheinend wenig anfangen. Wer den Berlinetta nicht kennt, würde ihm die beeindruckenden 545 kW/740 PS kaum zutrauen.
Ferrari ist im Umbruch. Das liegt weniger an der Verpflichtung von Formel-1-Pilot Sebastian Vettel und seinen Erfolgen. Ferrari hat mehr als viele andere Hersteller damit zu kämpfen, dass immer strengere Abgasvorschriften die Einführung von Turbomotoren in die elitäre Modellplatte erzwingen. So sind der California und der neue 488 bereits mit aufgeladenen Triebwerken unterwegs, während der mächtige V12-Sauger des F12 noch frei atmen kann und seine Leistung rein konventionell mit einer Direkteinspritzung produziert.
Das Cockpit mit dem Schalterwirrwarr am Lenkrad ist Geschmackssache und fernab von edel
80 Prozent des maximalen Drehmoments von 690 Nm stellt der Direkteinspritzer bereits ab 2.500 U/min zur Verfügung - das hilft bei normaler Gangart in der City oder über Land. Und es ändert nichts daran, dass der potenten Zwölfzylinder erst oberhalb von 5.000 Touren so richtig Laune macht und sich auf Wunsch bis weit über die 8.000er-Marke jagen läßt.
So elegant und dezent-sportlich sich der 4,62 Meter lange Ferrari F12 von außen in Szene setzt - im Innern ist er ein echter Sportler. Die Schalensitze mit zugegeben eingeschränktem Verstellbereich passen sich überraschend perfekt dem Körper an. So lässt es sich auch auf längeren Strecken aushalten, obwohl einige Komfortfunktionen fehlen. Das Cockpit mit dem Schalterwirrwarr am Lenkrad ist dagegen Geschmackssache und fernab von edel.
Wirklich schön oder wenigstens nur praktisch ist es nicht. Das liegt an mäßig platzierten Bedienelementen für Blinker, Scheibenwischer und was man sonst noch so im Alltagsbetrieb braucht. Die Mittelkonsole und besonders die Bedienung für die Klimaautomatik wollen nicht zu einem Auto der Weit-über-300.000-Euro-Liga passen. Die Schalter sind mitunter derart billig, dass sie selbst einem Fiat Ducato nicht zur Ehre gereichen würden. Nicht viel besser: die Bedienung der beiden animierten Cockpitanzeigen links und rechts vom mittig implantierten Drehzahlmesser. Mit wilden Dreh- und Drückorgien wurstelt man in den Untermenüs herum oder beim Versuch, das nächste Navigationsziel einzugeben.
Besser, man weiß selbst, wohin es gehen soll. Das Ziel dieses Mal: kurvenreiche Straßen im Alpenvorland. Der Spaß: gigantisch. Gut für den Alltagsnutzen: der 320 Liter große Laderaum lässt sich auf 500 Liter erweitern wenn es mit dem Geschoss doch einmal etwas mehr als eine Tagestour ins Oberbayrische sein soll.
Noch im Stadtgebiet ist schnell zu spüren, dass der F12 auch ein paar Kilogramm auf die Waage bringt. Ein Leichtgewicht fährt sich anders. Doch mit 740 PS und 1.630 Kilogramm Leergewicht muss man sich in Sachen Vortrieb keinerlei Sorgen machen. Erst einmal hinaus Richtung Bad Tölz. Da fühlt sich der etwas ungelenk durch die City rollende Doppelsitzer besser an. Ampeln, Kreuzungen und Tempolimits liegen hinter einem und so beschleunigt der Italo-Sportler im Handaufdrehen auf Tempi jenseits der 250er-Marke.
Überraschend zurückhaltend schlägt sich der mindestens 320.000 Euro teure Ferrari F12 Berlinetta beim Verbrauch
Ein paar Minuten später auf der Landstraßen fallen die präzise Lenkung und das perfekte schaltende Doppelkupplungsgetriebe positiv auf. Mit der Launch-Control geht es in 3,1 Sekunden auf Tempo 100. Noch spektakulärer sind jedoch die 0 auf 200 km/h in 8,5 Sekunden, denn darin hat der F12 kaum Gegner. Doch es geht auch andersherum. Aus Tempo 200 verzögert der Italiener in 131 Meter bis zum Stand - abhängig von Reifen, Temperatur und Fahrbahnoberfläche. Die selbst mit Winterreifen beeindruckende Bremsleistung hat einen guten Grund: Karbonbremsscheiben mit beachtlichen Durchmessern (398 mm vorn, 360 mm hinten) machen jedem Tatendrang des F12 schnell den Garaus. Die Rückmeldung im strammen Bremspedal? Selbst im schnellen Ritt auf den Alpenstraßen prächtig.
Vergleicht man den Ferrari F12 Berlinetta mit dem vorherigen 599 GTB, so ist er nicht nur auf der Vorderachse agiler. Er bringt die Motorleistung trotz Winterreifen und mäßiger Temperaturen auch deutlich besser auf die Fahrbahn um sie in Vortrieb umzuwandeln. Ein elektronisches Differenzial kann die Motorleistung dabei in engen Kehren auf das kurvenäußere Rad legen.
Das Fahrverhalten lässt sich dabei nicht nur durch Strecke und Tatendrang des Piloten, sondern auch durch die Fahrprogramme beeinflussen, die sich über den Drehschalter am Armaturenbrett variieren lassen. Der Race-Modus hat dabei auf kühler Landstraße nichts zu suchen. Im Fahrmodi "wet" ist man bei kühlem Wetter, leichter Restnässe und Winterreifen mit Abstand am besten bedient und trotzdem alles andere als langsam. Sonst ist der normale Sportmodus mit bissigerer Gasannahme weniger Regeleingriffen die richtige Wahl.
Überraschend zurückhaltend schlägt sich der mindestens 268.400 Euro teure Ferrari F12 Berlinetta beim Verbrauch - zumindest angesichts der Erwartungen. Trotz flotter Gangart drückte er weniger als 17 Liter durch die Einspritzdüsen - gerade mal zwei Liter mehr, als in Aussicht gestellt. Da kann man angesichts des gebotenen Engagements auf Geraden und in Kurven nicht maulen.
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"Bleibt die Frage, wie lange sich Ferrari derartige prächtig tönende Zwölfender ohne Turbo noch erlauben kann? Besser man genießt hier, jetzt und heute."
Stefan Grundhoff |
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