Ihre Probleme sind dabei weniger die Plagiatsvorwürfe - es sind die indiskutablen Fahrzeuge. Jonway, Gonow oder Martin Motor machen weniger durch schlecht kopiertes Design als vielmehr durch billigste Verarbeitung von sich reden. Verwegene Leuchteneinheiten, preiswert anmutende Türgriffe und Leder, das seinen Namen nicht verdient, machen die Fahrzeuge erst recht im harten europäischen Konkurrenzumfeld derzeit schlichtweg chancenlos.
Auf den ersten Blick ist schon zu erkennen, dass man beim Design nicht viel Gehirnschmalz verbraucht hat. Der von China Automobile angebotene Martin Motors CEO ist vom alten BMW X5 eiskalt abgekupfert. Heckpartie, Innenraum und Seitenansicht sind nahezu identisch. Nur bei der Front haben die Chinesen selbst Hand angelegt – und so sieht das Ganze dann auch aus. Ganz zu schweigen vom Innenraum, der nicht nur unangenehm künstlich riecht, sondern in punkto Qualität selbst gegen einen Fiat Panda aus den späten 80er Jahren kaum eine Chance hätte.
Da nützt es auch wenig, dass man für auf den ersten Blick günstigste Preise ab 25.990 Euro eine komplette Serienausstattung mit Klimaautomatik, Ledersitzen und Soundsystem anbietet. Unter der Motorhaube des CEO 2.4 arbeitet ein betagtes Vierzylinderaggregat mit kargen 135 PS.
Auf Toyotas Spuren wandelt auf der IAA der nicht einmal 16.000 Euro teure Jonway UFO 2.0, der ebenfalls von China Automobile vertrieben wird. Unter der Haube müht sich ein betagter Mitsubishi-Motor ab. Der Nachbau des alten Toyota RAV4 sieht nicht ganz so zusammen geschustert aus wie der Pseudo-X5. Doch besonders der Innenraum hat mit wenig anheimelnden Oberflächen, einem Bildschirmnavigationssystem der Insider-Marke Wachnang und verwegenen Holzimitaten für sanfte Gemüter ein gewisses Schreckenspotenzial.
Chancen vertan
Vor diesen Modellen brauchen Hersteller wie BMW, Mercedes oder Toyota zumindest nach derzeitigem Stand der Dinge keine Angst zu haben. Bleibt die Frage, wieso es sich die Asiaten mit ihrem ersten Vorstoß auf dem europäischen Markt beim Kunden derart verscherzen. Wären die Autos weniger abgekupfert und besser verarbeitet, hätten sie durchaus eine Chance auf dem Markt – insbesondere wegen günstiger Preise und guter Ausstattungen. Doch gerade in Sachen Sicherheit muss etwas passieren.
Die besten Chancen scheint in diesem Zusammenhang noch Brilliance zu haben. Auch wenn sich die Chinesen mit dem Brilliance BS6 in Sachen Sicherheit (der Wagen holte nur einen einsamen Stern beim Euro NCAP-Crashtest) unsanft auf die Nase gelegt haben, dürfte sich die Marke mit ihren durchaus ansehnlich designten Autos früher oder später auf dem Markt etablieren. "Brilliance JinBei hat seine Hausaufgaben gemacht", versprechen die Chinesen beim Thema Sicherheit. Man habe beim BS6 diverse Fahrzeugteile überarbeitet, um vor allem beim Front- und Seitenaufprall besser abzuschneiden. Man darf also auf einen neuen Crashtest gespannt sein.
Die Verbesserungen sollen auch in das weitere Modellprogramm einfließen. Neben dem optisch sehr gelungenen BS4 und dem Coupé BC3 zeigt Brilliance auf der IAA zum ersten Mal den kompakten BS2. Das 4,18 Meter lange und 1,76 Meter breite Fahrzeug hat einen 1,6 Liter großen Mitsubishi-Benziner mit 108 PS unter der Haube.
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