Es sieht nicht gut aus für Maybach – und das bereits seit Jahren. 2010 konnte der Nobelableger von Mercedes-Benz kaum mehr als 150 Fahrzeuge an die finanzstarke Kundschaft in aller Welt loswerden. Hauptkonkurrent Rolls-Royce verkaufte im gleichen Zeitraum mehr als 2.700 Fahrzeuge. Das tut weh. Auch im Daimler-Konzern war ehemals mit ganz anderen Dimensionen gerechnet worden. 1.000, wenn nicht sogar 1.500 Fahrzeuge, pro Jahr sollten es werden, die in den Nobelgegenden von Tokio, Shanghai, Los Angeles, Dubai und München ihre Abnehmer finden sollten.
Doch nachdem das Luxusdoppel aus Maybach 57 und 62 Anfang des dritten Jahrtausends mit viel Aufwand in die internationalen Märkte geschoben wurde, geschah nicht mehr viel. Es gibt seit knapp zehn Jahren keine neuen Modelle. Sogar längst überfällige Modellpflegen blieben aus Kostengründen weitgehend aus.
Ein Problem: Die elitäre Kundschaft verstand den historischen Bezug der Marke Maybach zu seinem Namensgeber Wilhelm Maybach und zu Mercedes nicht. Zudem gab es bereits zum Start technische Stockfehler. So basieren die aktuellen Maybach-Modelle noch immer auf der Mercedes S-Klasse (W 220) der Jahrtausendwende. Viele technische Module gehen sogar auf das Vorgängermodell der Baureihe W 140 zurück, das Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre entwickelt wurde. Ein schmuckes Landaulet als nachgelieferte Karosserievariante oder eine Sonderauflage unter dem traditionsreichen Namen "Zeppelin" wecken auch keine Kauflust.
Auch bei den Panzerungen wurde schlicht geschlafen. Da die Maybach-Modellreihe an sich als reines Luxusfahrzeug und nicht als Staatslimousine konzipiert wurde, konnte sie anfangs gar nicht als Panzerversion geordert werden. Und die Hochsicherheitsschutzklasse für Staats- und Königslimousinen ist in einem Maybach bis heute nicht zu bekommen. Wer hier die nötige Sicherheit will, entscheidet sich für die Guard-Modelle der aktuellen S-Klasse und als Begleitmobil für ein paar schwer gepanzerte G-Klassen. Russland lässt grüßen.
Ohne neue Modelle sank die Nachfrage in den vergangenen Jahren immer weiter.
Hoher Aufwand, kleine Stückzahl
Derweil entschied man sich insbesondere bei Hauptwettbewerber Rolls-Royce für einen ganz anderen Weg. Der Phantom als Aushängeschild war längst nicht nur als Lang- und Kurzversion sowie als Schwerpanzer zu bekommen. Dazu rückte mit Drophead Coupé und Phantom Coupé eine kleine Modellfamilie nach. Seit über einem Jahr gibt es zudem den kleineren Rolls-Royce Ghost in enger technischer Verwandtschaft mit dem 7er BMW, der für die Briten völlig neue Kundengruppen erschließt.
Schon im vergangenen Herbst verdichteten sich die Informationen, dass Maybach trotz anhaltend schlechter Zahlen nicht abgeschaltet würde. Der Imageverlust, den eine Einstellung der Maybach-Idee mit sich bringen würde, wäre für Daimler zu groß. Zudem zieht der Luxusmarkt weltweit an und so haben Modelle deutlich oberhalb der Mercedes S-Klasse mehr denn je eine umsatzstarke Existenzberechtigung.
Denn während sich die Mercedes S-Klasse mit Hybrid-, Allrad- und kleinen Dieselversionen wie dem 250 CDI für neue Kundengruppen öffnet, könnte ein neuer Maybach ganz andere Karten ausspielen und müsste mit Luxusattributen nicht jeder Volumennorm entsprechen.
Das Hauptproblem bleibt jedoch der große Entwicklungsaufwand für kleine Stückzahlen. Auf der alten Plattform ist mit aktueller Technik nichts mehr anzufangen. Daher drängt es nach einem Neuanfang. Die Designpläne für eine neue Maybach-Baureihe liegen bereits seit mehr als drei Jahre in der Schublade – fertig.
Schmerzhaftes Groschengrab
Neben Smart bleibt die Submarke Maybach das zweite schmerzhafte Groschengrab des Daimler-Konzerns. Beide Projekte dürften die Schwaben gemeinsam mehr als fünf Milliarden Euro gekostet haben.
Wenn es eine Maybach-Neuauflage gibt, dann spricht vieles für eine weit reichende Kooperation. Die Zusammenarbeit von Smart und Renault bei der Entwicklung neuer Kleinstautos zeigt hier einen Weg, der auch für Maybach denkbar wäre. Viele Hersteller kommen für eine Daimler-Kooperation dabei nicht in Frage. Die Produktüberschneidungen müssten minimal, das Klientel unterschiedlich, aber nicht völlig anders sein. Nicht erst seit der Genf-Kreation des Aston Martin Lagonda auf Basis des Mercedes GL fällt immer wieder ein Name: Aston Martin.
Eine Zusammenarbeit zwischen den Briten und Daimler scheint durchaus denkbar. Die Geneigtheit von Aston-Chef Ulrich Bez zugunsten von deutschen Autoherstellern ist bekannt. Und auch die Arbeit von Bez selbst wird in der Autobranche seit langem gutiert. Er hat aus den einst nur schönen, aber flügelahmen Briten einen Sportwagenhersteller gemacht, der sich mit den Besten der Besten messen kann.
Während Aston Martin mit Modellen wie Vantage, Virage, DB9/DBS und Rapide bevorzugt sportliche Kunden anspricht, wäre Raum für eine Zusammenarbeit mit der Daimler-Submarke Maybach für das absolute Luxussegment. Doch auch in China wäre Maybach bestens aufgehoben. Bei Kooperationspartner BYD könnte man sich hierzu einiges vorstellen. Vielleicht gibt es auf der Frankfurter IAA die große Verkündigung.
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