Auch wenn die Neuheiten auf der diesjährigen Internationalen Automobil Ausstellung (IAA) mehr als überschaubar sind - eines hat sich nicht geändert: Nirgend wo sonst sind Aufwände und Kosten höher, als für die Leistungsschau rund um den Frankfurter Messeturm. Schließlich geht es weniger um die Autofans an sich, als vielmehr um eine perfekte Visitenkarte der weltweit operierenden Konzerne.
So wollen sich die europäische und insbesondere die deutsche Wirtschaft in strahlendem Glanz präsentieren. Längst haben China und die USA den europäischen Automarkt in die dritte Reihe verbannt. Da muss auf der 66. IAA knapp zwei Wochen lang eben etwas lauter getrommelt werden. Die großen Hersteller kostet das Frankfurter Show-Spiel 20 bis 80 Millionen Euro.
Den größten Aufwand betreiben alle zwei Jahre die deutschen Hersteller wie Daimler mit seinen Submarken Mercedes-Benz, Smart und AMG, die die ehrwürdige Frankfurter Festhalle zu einem Autotempel umfunktionieren. BMW hat sich vor Jahren die neue Halle 11 gesichert und die Agora für Audi freigemacht. Die Ingolstädter mit den vier Ringen kreieren dort seither mit zweistelligen Millionenbeträgen eine perfekte Markenwelt. Auf 12.000 Quadratmetern sowie einer 400 Meter langen Fahrbahn stehen dieses Jahr bei BMW der 7er sowie der X1 im Mittelpunkt. Da kommt BMW-Marketingleiter Steven Althaus ins Schwärmen: "Damit schaffen wir ein einmaliges Besuchererlebnis auf der IAA 2015."
Doch es geht auch ein paar Nummern kleiner. Kia hat seine Europa-Zentrale Zaun an Zaun am Frankfurter Messegelände und ist somit der einzige Hersteller mit einer eigenen Zugangstür. Der koreanische Hersteller hat seinen Stand mit der Nummer B03 in Halle 9 aufgebaut. Während Daimler oder Volkswagen drei bis sechs Wochen vorher mit dem Messebau beginnen, starten die Monteure im Kia-Auftrag erst am 4. September, elf Tage vor dem inoffiziellen Messebeginn. Rund um die 18 Kia-Fahrzeuge am Messestand sorgen 28 Hostessen für ein stimmiges Bild.
Im Zentrum des Interesses: die beiden Neulinge Sportage und Optima sowie der überarbeitete Ceed. Höhepunkt des Messestands ist eine mächtige Videowand im Format 36 x 6 Meter, die aus 4.778.560 LED besteht und somit fast fünf Millionen unterschiedliche Farbnuancen widergeben kann. Jede dieser LED kann mit 16.777.000 unterschiedlichen Farbnuancen angespielt werden. Das wiederum bedeutet, dass es 80.169.901.120.000 (über 80 Billionen) farbliche Möglichkeiten gibt. Die IAA ist eben eine Show wie keine andere.
Der Volkswagenkonzern hat sich innerhalb von drei Wochen Aufbauzeit die Messehalle 3.0 zu Eigen gemacht. Auf exakt 8.893 Quadratmetern zeigen die verschiedenen Konzernmarken die automobile VW-Welt von heute - und morgen. Damit über 50 Fahrzeuge auf dem Stand präsentiert werden können, wurden 200 Kilometer Kabel verlegt und über 200 Tonnen Stahl verbaut. Gleißendes Licht von tausenden von Spots ist selbstverständlich, damit Tiguan, Passat und Golf im rechten Licht parken.
Nach dem 27. September verschwindet dann alles aus den Hallen wieder in Kisten und Lastwagen
Mercedes zeigt in der Festhalle nach eigener Aussage nicht weniger als die Zukunft des Automobils. Dafür braucht der Messebau im Vorfeld der IAA mit seinen 150 Beschäftigen exakt 63 Tage. Mit 9.250 Quadratmetern Standfläche fahren die Stuttgarter noch größer auf als Volkswagen. So werden nach der Media Night am Montag mehr als 70 Fahrzeuge gezeigt.
Erscheint der bauliche Aufwand mit mehr als 200 Tonnen bei VW schon gigantisch, verbaut Daimler eine Stahltonnage von 850 Tonnen und versucht die maximale Gebäudehöhe von 18 Metern mit 145 Metern Tragrohr und 2.025 Metern Lamellen perfekt auszunutzen. Die Bühneninszenierung soll von einem Live-Gedanken geprägt sein. Moderatoren stellen die wichtigsten Markenthemen vor und Livemusik sorgt für Unterhaltung. Perfekt in Szene gesetzt von 4.500 Leuchtmodulen und 235 km Kabel.
Bei Konkurrent Audi haben die Messevorbereitungen ebenfalls 18 Monate vor dem Start der IAA begonnen. In der schon seit Mitte Juli dauernden Bauphase sind rund 800 Personen, 40 Gabelstapler und Hebebühnen im Einsatz. Im Innern der eigens aufgebauten Halle gibt es 200 km Kabel, 700 Quadratmeter LED-Fläche und 640 Treppenstufen, die insgesamt 115 Höhenmeter überbrücken, um die 33 ausgestellten Fahrzeuge voneinander zu trennen.
Messestars sind Audi A4/A4 Avant und die Studie eines Elektro-Crossovers. Für Catering, Logistik und Stand sind jeweils 375 Personen im Einsatz. "Noch nie haben wir einen Messeauftritt thematisch so stringent entwickelt wie diesen. Noch nie konnten wir die Innovationen von Audi so detailliert erklären wie auf der IAA 2015. Und gleichzeitig werden wir unseren Besuchern mehr Erlebnis denn je bieten", sagt Luca de Meo, Marketingvorstand von Audi. Bereits 2011 und 2013 war Audi auf der IAA mit einem eigenen Marken-Gebäude vertreten.
Da geht es bei PSA und seinen zweieinhalb Marken Peugeot, Citroën und DS in Halle 8 schon etwas zurückhaltender zu. Im Fokus des 2.600 Quadratmeter großen Messestandes sind der Peugeot 308 Gti, verschiedene Mobilitätskonzepte und die Konzeptstudie Fractal.
Citroen präsentiert gleich nebenan auf 2.000 Quadratmetern die Studie des Cactus M, neue Markentechnologien sowie das Motor-Engagement in der WTCC, während Partnermarke DS auf 800 Quadratmetern die Neulinge DS4/DS4 Crossback sowie 60 Jahre Citroën DS in Szene setzt.
Damit kann die Show dann endlich beginnen. Nach dem 27. September verschwindet dann alles wieder in Kisten und Lastwagen - bis in zwei Jahren die IAA Nummer 67 beginnt.
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