Praxistest: Hyundai ix55 3.0 CRDi

Wer bei Hyundai auch immer auf die Idee mit der neuen Nomenklatur gekommen ist – so richtig nachvollziehen kann men den Sinn und die Logik nicht. Gerade bei den Geländewagen hatte Hyundai mit Modellen wie "Terracan", "Santa Fe" oder "Tucson" ein glückliches Händchen. Und auch "Veracruz" für das 4x4-Aushängeschild der Marke passt da bestens hinein. Doch der 4,84 Meter lange SUV hört nur in den USA auf diesen Modellnamen. In Europa aber klebt ein wenig eingängiges ix55-Logo auf der Heckklappe.

Immerhin wird einmal mehr klar: Hyundai kann längst nicht nur Kleinwagen. Das haben die Koreaner mit erfolgreichen Modellen in den vergangenen Jahren eindrucksvoll bewiesen. Jetzt, da die deutschen Hersteller langsam Lust auf Geländecrossover kleiner und mittlerer Dimensionen kommen, klopft Hyundai selbstbewusst eine Klasse höher an. Nicht nur wegen seiner Dimensionen sondern auch bei der Motorisierung will man sich nicht länger vor den Luxus-SUV von Audi, Mercedes und BMW verstecken.

Beim Design wirkt der ix55 gefällig, aber beeindruckend unauffällig. Ähnlich wie der Audi Q5 macht das Model eher den Eindruck eines hoch gesetzten Familienkombis als denn eines Geländewagens. Die Zeiten sind eben vorbei, die nach einem robusten Klettermaxen vom Typ Terracan verlangten.

Überschaubares Drehmoment

Dabei zeigt der ix55 das Selbstbewusstsein der Koreaner deutlicher als bisher jedes andere Fahrzeug aus ihrer Produktion. "Wir gehen davon aus, dass der Trend zu kleineren Autos anhalten wird", räumt Hyundais deutscher Geschäftsführer Walter H. Frey ein. "Trotzdem wollten wir den ix55 als Top-of-the-Line-Modell der Marke auch in Deutschland haben."

Auf das Triebwerk ist man hierzulande besonders stolz. Immer wieder gab es während der Entwicklung Rückmeldungen nach Korea, dass man für den europäischen und besonders den deutschen Markt einen kraftvollen Diesel brauche. Die Wünsche sind erhört worden. Der vor allem auch im Entwicklungszentrum in Rüsselsheim entstandene drei Liter große Commonrail-Diesel mit sechs Zylindern säuselt sanft vor sich hin und seine 176 KW/239 PS hören sich erst einmal kraftvoll an. Doch bereits das überschaubare Drehmoment von 451 Nm und ein opulentes Leergewicht von 2,3 Tonnen lassen vermuten, dass hier kein Kraftprotz unter der Motorhaube arbeitet.

Bodenständige Bedienung

Die sechsstufige Automatik nimmt dem Koreaner spürbar an Tatendrang. So lässt sich auch der müde Spurt von 0 auf Tempo 100 in gemessenen elf Sekunden erklären. Immerhin animiert einen der ix55 zum entschleunigten Cruisen. Der Durchschnittsverbrauch pendelt sich so auf 10,8 Litern Diesel pro 100 Kilometer ein - 1,5 Liter mehr als die Werksangabe. Die Höchstgeschwindigkeit des 2,3-Tonners ist ebenfalls kein Bestwert: zäh errungene 203 km/h. Zudem ist schnelles Fahren nervig, da die Windgeräusche ab 130 km/h deutlich anschwellen.

Auch im Innenraum zeigt sich der Fokus auf den amerikanischen Hauptmarkt. Die Verarbeitung ist ordentlich, die Bedienung jedoch bodenständig. Dort, wo man in dieser Klasse einen großen Multifunktionsbildschirm für Navigation, Klimaautomatik, Soundsystem und weitere Selbstverständlichkeiten erwartet, gibt es ein normales Radio und eine asiatisch anmutende Klimabedienung.

So etwas kann man sich als selbsterklärter Konkurrent von Audi, BMW, Volvo und Mercedes nicht erlauben.

De facto Frontantrieb

Auch die fehlende Sitzhöhenverstellung auf der Beifahrerseite und weitere Bedienschwächen sind in dieser Klasse untypisch und verwässern den an sich guten Eindruck. Um die klassentypischen Assistenzsysteme macht der Hyundai ebenfalls einen großen Bogen. ESP, ABS und Airbags sind an Bord - doch das war es auch schon. Abstandstempomat, Überholassistent, eine Luftfeder oder elektronische Dämpfer für hohe Lasten oder lange Autobahnfahrten gibt es nicht einmal gegen Aufpreis.

Bei der Zuladung hält sich der ix55 ebenfalls zurück. Maximale 560 Kilogramm sind nicht viel - denn es gibt Platz für sieben Personen und einiges an Gepäck. Ernsthaft zumuten kann man den Innenraum jedoch nur fünf Insassen. Die beiden Notsitze sollten also dort bleiben, wo sie hingehören: unter dem Ladeboden. Ohne sie schafft der Gepäckraum 598 Liter.

Immerhin wurde das Fahrwerk den europäischen Maßstäben angepasst. Ok, die Lenkung ist zu indirekt - doch der Federungskomfort ist über die meisten Zweifel erhaben. Nicht erst in schnellen Kurven macht sich jedoch etwas Seitenneigung bemerkbar. Zudem reagiert der Allradantrieb mit der variablen Kraftübertragung an die Hinterachse sehr träge. Maximal 50 Prozent der Kraft gelangen nach hinten. Im normalen Fahrbetrieb ist der ix55 also nicht viel mehr als ein Fronttriebler.

Fairer Preis - an sich

Die größte Schwäche des Hyundai ix55 aber ist sein Preis. Für die komplett ausgestattete Luxusversion "Premium" sind 46.990 Euro an sich ein fairer Preis. Doch noch bevor der ix55 Anfang Sommer bei den Hyundai-Händlern stand, boten viele EU-Importeure ihn schon für kaum mehr als 30.000 Euro an. Und in dieser Liga wollen viele Kunden auch nicht - mangels Alternative - mit einem TomTom-Navi an der Windschutzscheibe unterwegs sein. Immerhin: Ein DVD-System mit Rückfahrkamera soll bald lieferbar sein. Hyundai täte gut daran, es in den Serienumfang aufzunehmen.

Ansonsten ist die Serienausstattung mit elektrischer Heckklappe, Xenonlicht und elektrischen Ledersitzen überaus komplett. Darüber hinaus sollte man sich allenfalls noch das große Panoramadach für 1.090 Euro Aufpreis gönnen.

Stand: 16.11.2009	Artikel bookmarken
Text: Stefan Grundhoff	Auf Artikel linken
Fotos: Hersteller

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