Selten zuvor gab es in einem offenen Roadster so viel auf die Ohren wie beim Jaguar F-Type S. Schon das vermeintlich kleine V6-Triebwerk entwickelt eine Geräuschkulisse, die ihresgleichen sucht.
[+] Gute Qualität bei Material und Verarbeitung, hohe Steifigkeit der Karosserie, gutes Platzangebot für zwei, klasse Motorsound, kraftvoller Motor, ausgewogene Balance, präzise Lenkung, sicheres Fahrverhalten, Cabriofeeling pur
[-] Kleiner Kofferraum, straffe Federung, teuer in Verbrauch und Unterhalt
Ein Fahrzeug auf nur ein Detail zu reduzieren ist eigentlich nicht ok. Schon gar nicht, wenn dieses Detail im Gegensatz zum des Rest des Modells steht. Doch wenn ein Auspuffsound so dreckig und laut in die Umwelt herausgerotzt wird, wie beim ansonsten sehr edel und modern daherkommenden Jaguar F-Type S, darf, nein, dann muss das mal sein.
Denn bei dem luxuriösen offenen Briten nur von einem Hingucker zu sprechen, ist schlicht falsch. Er kündigt seine Ankunft schon hunderte Meter vorher an - und ist somit eher ein Hinhörer. Vor allem in engen Häuserschluchten und Tunnels kann der Fahrer einfach nicht anders, als mal kurz mit dem Gasfuß einen Gruß an alle im Umkreis von gefühlten zehn Kilometern zu schicken.
Dass es in dem 92.500 Euro teuren Jaguar F-Type S Cabrio AWD nicht ständig tief grollend zur Sache geht, sondern er nur per Knopfduck zur schreienden Bestie wird, muss ja nicht jeder wissen. Das aktive Auspuffsystem mit Klappensteuerung, das die Abgase des 380 PS starken V6-Triebwerks aus zwei mittig positionierten und armdicken Endrohren zu wahre Höllen-Fanfaren modelliert, kann man aber tatsächlich auch deaktivieren. Doch außer einem Antrittsbesuch bei der Schwiegermutter gibt es für Sportwagenfans kaum weitere Gründe, die Finger von dem kleinen, aber effektiven Schalter zu lassen.
Besonders dann nicht, wenn man zum ersten Mal die sehr gut arbeitende Achtgang-Automatik per Schaltwippen entmündigt. Genau dann ist jedes Runterschalten mit explosionsartigen Geräuschen untermalt. Und wenn nach ein paar Sekunden steten Gasgebens das Gaspedal gelupft wird, geht zwangläufig der Blick gen Himmel mit der Suche nach dunklen Gewitterwolken. Was da so laut brodelt, kann eigentlich nicht von einem funktionierenden Fahrzeug stammen.
Der rassige Zweisitzer, der bis Tempo 50 sein Stoffverdeck innerhalb von zwölf Sekunden öffnet oder schließt, ist ein echter Sportler. 460 Newtonmeter greifen bei Bedarf an allen vier Rädern an. Der Allradantrieb sorgt beim Beschleunigen und in flotten Kurvenfahrten für erhöhten Grip und höhere Sicherheit. 8,8 Sekunden reichen dem 4,47 Meter langen Cabrio aus dem Stand bis Tempo 100. Mit seiner elektrisch abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 285 km/h, hat er jedoch ordentlich zu kämpfen. Treibt ihn sein 3,0 Liter großer Sechszylinder bis zur 250er-Grenze noch mächtig nach vorn, so geht ihm dann ein wenig die Luft aus. 1.614 Kilogramm wollen schließlich erst einmal bewegt werden.
Damit übermäßiges Balzverhalten nicht an der nächsten Leitplanke endet, stehen dem Fahrer jede Menge Assistenten zur Seite
Erwähnenswert, weil nicht gerade zu erwarten, ist beim Jaguar F-Type S Cabrio seine Alltagstauglichkeit. Dank seines serienmäßigen Sportfahrwerks mit adaptiver Dämpfersteuerung fühlt sich eine Fahrt in dem edel gestalteten Jaguar nie unangemessen hart oder unkomfortabel an. Sein verstärktes Stoffdach bietet zudem auch 1,95 Meter großen Fahrern eine ausreichende Kopffreiheit. Von annähernd so viel Platz kann im restlichen Fahrzeug nicht die Rede sein. Doch ein Getränkekasten passt immer noch in den 196 Liter großen Kofferraum.
Richtig modern und erst auf den zweiten Blick überhaupt zu bemerken sind die Lüftungsdüsen, die nur bei Bedarf aus der Oberseite des Instrumententrägers herausfahren. Ebenfalls ausfahren lässt sich der Heckspoiler - sowohl automatisch ab Tempo 100 als auch per Knopfdruck. Unterhalb von 65 km/h fährt er wieder ein.
Video: Jaguar
Damit übermäßiges Balzverhalten nicht an der nächsten Leitplanke endet, stehen dem Fahrer jede Menge Assistenten zur Seite. Besonders effektiv ist der herausstechende Schalter für die Einstellung der Fahrdynamik. Bei schlechtem Wetter kurz antippen und den Winter-Modus wählen, schon werden die Antriebskräfte im Zaum gehalten. Bei trockenem Wetter lohnt sich ein kurzes Antippen in Richtung schwarz-weiß-karierter Zielflagge, denn dann stehen die Zeichen auf Fahrspaß pur. Oder wie es im technisch korrektem Deutsch heißen würde: die Interventionsschwelle des DSC-Systems wird erhöht.
Mit der Verdopplung des Spaßfaktors und einer artgerechnet Benutzung geht beim F-Type allerdings auch ohne weiteres eine Verdopplung des Normverbrauchs von 8,8 Litern einher. Solange die Klappensteuerung aktiviert ist, macht das aber überhaupt nichts.
"Es gibt zu wenig Tunnel und Häuserschluchten - denn im offenen Jaguar F-Type macht nicht nur Kurvenhatz Spaß, sondern auch die Soundproduktion" Marcel Sommer
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