Fahrbericht: Jaguar XJ Supersport

Darf sich eine Luxuslimousine so scharf anhören? Sie darf. Einst heulten Triebwerke mit Kompressoraufladung zimmlich jämmerlich in den Ohren. Die leistungsstärksten Jaguar machte da keine Ausnahme. Doch die Zeiten haben sich geändert. Im Normalbetrieb säuselt der Jaguar-Achtzylinder mit seinen fünf Litern Hubraum sanft und unschuldig vor sich hin. Doch tritt man aufs Gaspedal, bollert er los - wild, ungehemmt und schön.

Der XJ 5.0 Supersport, Krone der aktuellen Jaguar-Schöpfungen, schiebt, als gäbe es keinen Morgen mehr. Bei engagiertem Gasdruck wird das Benzin mit bis zu 150 bar Druck in die acht Brennkammern getrieben. Ein Twin-Vortex-Kompressor gibt dem Verbrennungsprozess schließlich den ultimativen Kick.

Das Ergebnis ist außen wie innen gleichermaßen beeindruckend. Wer will, kann lässig "cruisen" - oder auf der Autobahn zum Dauerstraftäter werden. 375 KW/510 PS und gewaltige 625 Nm Drehmoment zwischen 2.500 und 5.500 Touren machen Laune. Das gilt eingeschränkt auch beim Verbrauch. Denn der avisierte Durchschnittsdurst von 12,1 Litern Super auf 100 Kilometern lässt sich bei diesem automobilen Kraftpaket allenfalls mit sanften Dahingleiten realisieren.

Luxuriöse Ausstattung, grandiose Fahrleistungen und die nötige Noblesse gepaart mit britischem Charme bringt der Supersport von Haus aus mit. Was vielen Kunden fehlt, ist jedoch ein Allradantrieb. Denn nicht nur die deutsche Luxuskonkurrenz ist bevorzugt mit 4x4-Technik unterwegs. Die wurde beim aktuellen Jaguar XJ zunächst ausgespart und kommt erst mit zeitlicher Verzögerung in rund zwei Jahren.

In den USA ein Schnäppchen

Dabei hat der 5,12 Meter lange Brite zumindest auf trockener Straße keinerlei Mühe, seine Leistung auf den Boden zu bringen. Im schlüpfrigen Grenzbereich hilft bei flotter Gangart eine aktive Differenzialsperre an der Hinterachse, die die üppige Motorleistung variabel zwischen den beiden Rädern verteilt. Von 0 auf 100 km/h rennt er in 4,9 Sekunden und die - abgeregelte - Höchstgeschwindigkeit liegt bei 250 km/h.

Der Fahrer blickt während der Fahrt auf virtuelle Rundinstrumente. Doch die Variationsmöglichkeiten auf dem 12,3 Zoll großen Bildschirm hinter dem griffigen Lederlenkrad könnten größer sein. Wie einfach wäre es, hier den Bildschirm für ein Nachsichtgerät zu präsentieren, das die Konkurrenz bereits seit längerer Zeit anbietet. Beim animierten Jaguar-Cockpit wechselt beim Druck auf die Sporttaste die Farbe von blau auf rot. Immerhin: Auch die Navigationskarte lässt sich in die äußere Runduhr projizieren.

So komfortabel der Jaguar XJ Supersport auch ist: Bei den Fahrerassistenzsystemen bietet er weniger als die Konkurrenz. Notbrems- und Spurhalteassistent, Nachtsichtgerät, Einschlafwarnung oder Einparkautomatik - hier muss der Jaguar passen. Allein Abstandstempomat und ein Totwinkelassistent sind neben Parksensoren und der Rückfahrkamera verfügbar.

Zu wenig für ein Auto, das zumindest in Deutschland mehr als 142.000 Euro kostet. In den USA sieht das ganz anders aus. Hier ist eine leistungsreduzierte Version des Supersport als Jaguar XJ Supercharged mit 470 PS und Komplettausstattung bereits für rund 90.000 Dollar zu bekommen - das sind umgerechnet nicht einmal 65.000 Euro.

Stand: 17.06.2011	Artikel bookmarken
Text: Stefan Grundhoff	Auf Artikel linken
Fotos: Grundhoff

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