Kurz & bündig
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[+] Ordentliches Platzangebot, sehr gute Verarbeitung, präzise Lenkung, knackige Schaltung, kräftiger Motor, sehr gute Traktion, sicheres Fahrverhalten |
[-] Eingeschränkte Übersichtlichkeit |
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Der formschöne Jaguar F-Type S gilt mit seinem kernigen V6-Sound bislang als einer der lautesten Sportwagen auf Deutschlands Straßen. Kein Wunder, werden in dem drei Liter großen Aggregat doch satte 380 PS erzeugt. Doch die Raubkatze wird zur kleinen Miezekatze, wenn der neue Platzhirsch im Reich der offenen Krawallmacher auf den Hof rollt: der neue Porsche Boxster Spyder.
Selbst ohne die viel diskutierte Taste für den Klappenauspuff röhrt der Neuling ordentlich aus seinen beiden mittig unter dem schicken Hintern platzierten Endrohren. Wird die Taste gedrückt, die sich neben der eigentlichen Balztaste befindet, mit der der Heckspoiler ein paar Zentimeter herausgefahren werden kann, ist endgültig Schluss mit Lustig - oder auch einem tiefen Schlaf. Selten zuvor wurde ein Fahrzeug auf die Straße gelassen, das weniger als 100.000 Euro kostet und dennoch so laut röhrt wie der neue Zuffenhäuser.
Genauer gesagt werden für den 375 PS und 420 Newtonmetern starken Boxster Spyder mindestens 79.945 Euro fällig. Immerhin sind das 4.055 Euro weniger als für den Klangrivalen F-Type. Der hat zwar fünf PS mehr, lässt aber bei 275 km/h bereits die Flügel hängen. Der Porsche schafft 290 Sachen. Und auch beim Tempo 100-Sprint liegt der 4,41 Meter lange Spyder mit 4,5 Sekunden fast eine halbe Sekunde in Front. Doch das sind nur nackte Zahlen, zu denen bei einem echten Sportwagen natürlich auch das Gewicht zählt. 1.390 Kilogramm müssen beim Porsche bewegt werden.
Schon auf den ersten Metern wird deutlich, dass jedes einzelne Gramm perfekt im Fahrzeug untergebracht und zu einer phantastischen Balance verschmolzen wurde. Ob Kurven, Geraden oder auch die ein oder andere Unebenheit - der neue Porsche Boxster Spyder frisst sie alle mit lautem Getöse. Besonders jedoch in Kurven spielt der 3,8 Liter-Mittelmotor-Sportler seine Stärken aus. Dank der elektromechanischen Servolenkung und der hervorragend dosierbaren Bremsen lässt er sich vor jeder Kurve präzise positionieren und einlenken. Damit das sensible Heck beim zu starken Herausbeschleunigen keinen Extraschlenker macht, dafür sorgt die Porsche eigene Traktionskontrolle PSM.
Was beim manuell geschalteten Boxster Spyder nahezu ein Muss ist, das ist das Aktivieren nicht nur der zuschaltbaren Resonanzklappe, sondern vor allem des Sport-Plus-Modus. Erst jetzt erfährt jedes Herunterschalten einen automatischen Zwischengasstoß, der nicht nur super klingt, sondern vor allem die Drehzahl in die korrekte Höhe treibt. Das Ergebnis ist schnell erklärt: Kein Ruckeln mehr beim Schaltvorgang.
Ist das polarisierende Verdeck erst einmal verstaut, wird der Blick auf den recht übersichtlichen Innenraum freigelegt
Nervig ist bei dem automobilen Hingucker eigentlich nur eines: das Verdecksystem. Hat Porsche in der jüngsten Vergangenheit noch mit dem Öffnungs- und Schließmechanismus beim Targa für weltweites Aufsehen gesorgt, so dürfte das händische Gefummel im Boxster so manch potenziellen Kunden vom Kauf abhalten. Na gut, zumindest die Frage "Bis zu welcher Geschwindigkeit lässt es sich öffnen oder schließen?" hat sich erledigt.
Aber einen Mechanismus zu präsentieren, der beim Schließen im besten Falle drei Hände benötigt, ist leider am Ziel vorbei geschossen und in dieser Zielgruppe vielleicht auch nicht gerade gern gesehen. Zu groß ist die Chance, sich vor Verwandten und Freunden zu blamieren. Und während noch am System gewurschtelt wird, fährt die beste Freundin mit automatischem Verdeck schon längst vom Hof.
Ist das polarisierende Verdeck erst einmal verstaut, wird der Blick auf den recht übersichtlichen Innenraum freigelegt und schnell klar, warum die 100.000 Euro-Grenze nur sehr schwerlich zu knacken sein dürfte. Zwei Sportsitze, die vom ersten Moment an für perfekten Halt sorgen. Zahllose Schalter und Knöpfe, die aber alle irgendwie ihre Berechtigung zu haben scheinen - das war es. Viel Platz für Extrawünsche ist hier nicht.
Ist fast alles angekreuzt, was es anzukreuzen gibt, sind eigentliche keine Wünsche mehr offen und unterm Strich rund 93.000 Euro zu zahlen. An die Sonderausstattung wie Leder-Alcantara-Sitze und das Sport Chrono Paket lässt es sich sehr schnell gewöhnen. An das schelmische Lachen und die nach oben gereckten Daumen des Tankwarts leider auch. Die Frage ist nur, ob er sich wegen des klangvollen Auftritts so freut, oder ob man das Studium seiner Tochter allein finanziert. Bei einem Normverbrauch von 9,9 Litern auf 100 Kilometern.
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"Diesen Sound gibt es sonst kaum mal unter 100.000 Euro - und auch darüber hinaus bietet der Porsche Boxster Spyder reichlich Kraft und Fahrspaß "
Marcel Sommer |
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