Die Karosse wird gewienert und gepflegt. Für die schwarzen Rollen darunter interessiert sich dagegen kaum jemand, stellen die Experten aus den Werkstätten immer wieder fest. Jedes dritte Auto in Deutschland wird mit falschem Reifendruck gefahren, zeigten Kontrollen an Tankstellen und Werkstätten, die von der bundesweiten „Initiative Reifensicherheit“ auch in diesem Jahr durchgeführt worden. Dabei sind die Schlampereien rund um die runden Dinger keine Bagatelle – sie mindern die Sicherheit des Autos ganz erheblich.
Die Unfallstatistik belegt, dass sich in Deutschland pro Jahr weit über 1000 Unfälle auf mangelhafte Bereifung zurückführen lassen. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen, da die Gummis nicht bei jeder Unfallanalyse ins Visier genommen werden. Hauptproblem ist der schleichende Druckverlust, den Autofahrer zunächst gar nicht bemerken. Doch schlecht gefüllte Pneus führen zu längeren Bremswegen und höherem Reifenverschleiß. Umweltbelastend sind die Unterdruck-Gummis außerdem. Denn mit ihnen verbraucht das Auto mehr Kraftstoff – und bläst dementsprechend auch mehr Kohlendioxid in die Luft.
Mehr ist weniger
Schon bei 0,2 Bar Minderdruck steigt der Kraftstoffverbrauch um ein Prozent, so Marco Gellings vom Reifenhersteller Continental. Wenn den Pneus öfter mal mit 0,3 Bar fehlen, werden sie geschädigt, die Haltbarkeit nimmt deutlich ab. Doch viel gravierender ist das Sicherheitsrisiko - im Extremfall kann der unterversorgte Reifen in der Kurve schon mal von der Felge springen. Aber auch wer den Druck über den empfohlenen Wert hinaus erhöht, tut den Gummis nichts Gutes. Überdruck reduziert die Fahrstabilität und steigert das Risiko, dass der Reifen platzt.
Experten empfehlen daher regelmäßige Druckkontrollen – am besten alle 14 Tage, mindestens jedoch einmal pro Monat. Durch den Sommer-Winterreifen-Wechsel machen Deutschlands Autofahrer zumindest zweimal pro Jahr eine Druckkontrolle. Damit würden zumindest amerikanische Verhältnisse verhindert, so Continentalmann Gellings: „In den USA fährt man in der Regel das ganze Jahr hindurch mit den gleichen Reifen. Etliche Unfälle ereignen sich, weil die Pneus in sehr schlechtem Zustand sind.“ Der Reifenexperte weiß ein Lied davon zu singen. Denn in den USA kommt es nach Unfällen häufig zu Schadenersatz-Prozessen, in denen sich oftmals auch die Reifenhersteller verantworten müssen.
An den Ersatzreifen denken
Außerdem steigt bei hohen Geschwindigkeiten die Temperatur im Pneu schneller an – ein Reifenplatzer kann die Folge sein. Auch zu hoher Luftdruck birgt Gefahren. Der Verbrauch sinkt wegen des geringeren Rollwiderstands zwar etwas, aber die unregelmäßige Abnutzung des Reifens und schlechtere Fahreigenschaften sind kaum ein akzeptabler Preis dafür. "Der Reifen rollt nur noch in der Mitte ab und verschleißt deutlich schneller. Zusätzlich steigen die Bremswege an", sagt Engelhart.
Reifen-Experten raten, den Luftdruck etwa alle zwei Wochen zu checken. Den richtigen Wert findet man auf einem Aufkleber im Handschuhfach, am Türholm, in der Tankklappe oder in der Bedienungsanleitung des Autos. Der korrekte Wert ist auch davon abhängig, ob man allein unterwegs ist oder die noch die Familie samt Hund, Schwiegermutter und Gepäck eingeladen hat.
Gern vergessen wird beim Prüfen der Ersatzreifen. Fahrer von LKW und großen Wohnmobilen, die auf Zwillingsreifen laufen, prüfen oft nur den Druck der äußeren Reifen. Nicht schaden kann beim Luftdruck-Check eine kurze Sichtkontrolle des schwarzen Runds. So lassen sich manchmal beschädigte Reifenflanken oder eingefahrene Nägel noch entdecken, bevor dem Pneu die Puste ausgeht.
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