So respektlos wie in diesem Jahr ist mit den Veranstaltern der New York Autoshow wohl noch nie umgesprungen worden. Kaum war der Veranstaltungstermin für 2011 veröffentlicht, da gab es aus Shanghai eine schallende Ohrfeige: Dort sollten die Messetore einen Tag vorher geöffnet werden. Das sorgte bei zahlreichen Herstellern für reichlich Meilen auf dem Vielfliegerkonto: Beide Messe sind wichtig und mit niemandem wollte man es sich verscherzen. So war der erste Messetag in Shanghai denn noch nicht beendet, da saßen viele Vorstände schon im Direktflug von dort nach New York. 14 Stunden in der Luft, dann die gleiche Show nur auf einem anderen Kontinent. Selten war die automobile Welt globaler als in diesen Tagen.
Zwar gibt es im New Yorker Jacob Javits Center nicht wie in Shanghai 1.000 Auto und mehr als 75 Weltpremieren zu bestaunen. Doch auch in der US-Metropole will niemand gerne patzen. Immerhin erstrahlen auch dort 30 Welt- und 25 US-Premieren. Ungewöhnlich für New York präsentiert sich nun eben alles ein paar Nummern kleiner als in Shanghai. So ist sie eben, die neue automobile Weltordnung.
Den gösten Spagat gab es bei Mercedes-Benz. Die Stuttgarter eröffneten unweit des südlichen Central Parks am Vorabend der New York Autoshow ihr neues Markencenter. Einige der Gäste hatten die Weltpremiere des Mercedes Concept A an diesem Dienstag bereits in China erlebt, einen halben Zeitsprung zurück. Bei Jaguar/Land Rover sah es kaum anders aus. Jaguar-Chef Ralf Speth hatte am Mittag noch auf der Shanghai Motorshow Hände geschüttelt und die Neuheiten auf der wichtigsten Automesse Asiens unter die Lupe genommen. Ein paar Stunden später blickt er beim Abendevent im Meatpacking District auf einen knallroten Range Rover Evoque. Daneben packen die "indischen" Briten in New das große Besteck aus: Jaguar XF und Jaguar XK wurden nachgeschärft und der 300 km/h schnelle Torpedo vom Typ XKR-S enthüllt.
Die New York Show präsentiert in diesem Jahr eine Reihe von Doppelpremieren. Star der Messe ist zumindest aus europäischer Sicht der realitätsnahe Ausblick auf die neue Mercedes A-Klasse. Die kommt schnittiger und dynamischer daher als je zuvor und kann nun ernsthaft Audi A3, BMW 1er oder VW Golf angreifen. Auch für den US-Markt scheint der sportliche Dreitürer ab 2012 eine gute Option zu sein. Während es sich beim Mercedes Concept A noch um eine Studie handelt, ist das leistungsstarke AMG-Doppel auf dem Messestand bereits straßentauglich. Das Mercedes C 63 AMG Coupé wird noch von dem bekannten 6,2-Liter-Saugertriebwerk gescheucht, doch dem E 63 AMG ist bereits der neue V8-Doppelturbo implantiert. Dabei hat der Kunde die Wahl, ob es 525 oder gleich 557 PS sein sollen. Einen um 20 Prozent reduzierten Verbrauch gibt es bei beiden.
Zeitgleich am Big Apple
In der gleichen Fahrzeugklasse tritt Jaguar mit seinem XF an. Ein bissigerer Blick und ein leicht modifiziertes Heck sollen ihn mehr an die einstige Detroit-Studie C-XF heranrücken. Unwichtig für den US-Markt, doch sinnvoll für die Kunden in Europa: Ab Herbst ist der Jaguar XF auch mit einem 190 PS starken Vierzylinder-Commonrail-Diesel zu bekommen. Achtgang-Automatik und Start-Stopp-Funktion sollen Verbrauch von 5,4 Liter Diesel auf 100 Kilometer realisieren.
Der neue VW Beetle feiert ebenfalls nicht nur in Shanghai seine Weltpremiere, sondern zeitgleich auch in Downtown Manhattan. Serienfahrzeuge wie das BMW 6er Coupé, der neue Subaru Impreza, der 550 PS starke Porsche Panamera Turbo S oder der Chevrolet Malibu tanzten ebenfalls auf zwei Hochzeiten auf zwei Kontinenten.
Zum ersten Mal soll der Chevy Malibu weltweit zum Volumenauto werden. Geplant ist eine Einführung in rund 100 Ländern. Kein Wunder, dass bereits bei der Weltpremiere von zehn Motorvarianten die Rede ist. Nett anzuschauen sind die leichten Designanlehnungen an den Chevrolet Camaro. In der gleichen Klasse tritt der neue Subaru Impreza an, der in New York als Limousine und fünftürige Schrägheckversion seine Weltpremiere feiert.
Kia zeigt auf der Motorshow die Stufenheckversion des Rio. Ein neuer Wettbewerber für die preiswerte Kompaktklasse, in der sich bevorzugt Hersteller aus den USA und Japan tummeln. Bei Suzuki wird der Kizashi EcoCharge Concept von einem 2.0-Liter-Benzinmotor mit 144 PS und Sechsgang-Automatik angetrieben. Anstelle der Lichtmaschine wurde ein flüssigkeitsgekühlter Elektromotor installiert, der 11 KW/15 PS liefert. Die Energiespeicherung erfolgt in luftgekühlten 115 V-Lithium-Ionen-Batterien. Der Elektromotor unterstützt nicht nur den Benzinmotor mit zusätzlicher Leistung, sondern dient dank seines Riemenantriebs auch der Energieerzeugung.
Ohne Not zurückhaltend
In Sachen Hybrid will sich verstärkt auch Honda einen Namen machen. Die mittlerweile neunte Generation des Honda Civic wurde auf der New York Motorshow in gleich fünf Varianten enthüllt.
Ähnlich wie Mercedes und Jaguar hat auch Lexus die New York Autoshow zu einer seiner Lieblingsmessen auserkoren. Auf der diesjährigen Show zeigt der edle Toyota-Ableger die realitätsnahe Studie des Lexus LF-Gh, natürlich mit Hybridantrieb. Der LF-Gh orientiert sich nicht nur beim markigen Frontdesign an dem mittlerweile eingeführten Kompaktklassemodell Lexus CT 200h. Bei der Heckansicht lassen sich Ähnlichkeiten zum Vorgänger des aktuellen 5er BMW kaum verhehlen.
Die Bayern zeigen sich am Hudson ohne Not betont zurückhaltend. Das 6er Coupé ist auch in New York eines der schönsten Messemodelle. Wer es kleiner und offener mag, genießt den BMW Z4 28i mit dem aufgeladenen Vierzylinder, der bereits den BMW X1 zu sportlichen Höchstleistungen beflügelt.
Noch leistungsstärker als der 265 PS starke Power-Roadster von BMW präsentiert das Topmodell der Grand-Cherokee-Modellreihe von Jeep. Mit seinem 470 PS starken SRT-8 bekommt der Grand Cherokee das goldene Sportabzeichen verliehen.
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