Der Toyota Mirai ist - nun ja: gewöhnungsbedürftig. Vorsichtig ausgedrückt, präsentiert sich das erste serienmäßige Brennstoffzellenauto der Welt visuell polarisierend. Ändert nichts daran, dass Toyota mit dem 4,89 Meter langen Mirai (übersetzt: Zukunft) das Tor zur automobilen Zukunft ein gutes Stück weit aufstößt. 500 Kilometer Reichweite, 155 PS und lokal emissionsfreies Fahren bis knapp 180 km/h - für unglaubliche 78.540 Euro. Da sieht es im Sonnenstadt Kalifornien für umgerechnet 46.000 Euro minus steuerlicher Vergünstigungen von bis zu 13.000 Dollar und kostenlosem Tanken deutlich freundlicher aus. Willkommen auf der L.A. Autoshow.
Nirgends könnte man den Mirai als Zukunftsmodell besser präsentieren. In Kalifornien werden jährlich bis zu 70.000 Toyota Prius zugelassen. So viel Toyota verkaufen die Japaner in Deutschland mit der ganzen Modellpalette nicht.
Doch die Los Angeles Autoshow kann auch anders. Das ist nirgends eindrucksvoller zu sehen, als bei Mercedes-Benz. Die Schwaben legen die Submarke Maybach als Luxusableger der S-Klasse wieder auf - gerade mal zwei Jahre nach dem Rückzug aus der Welt der Schönen und Reichen. Der Fahrzeugpraline Mercedes-Maybach, in westlichen Ländern nur als Acht- und Zwölfzylinder verfügbar, bietet vor allem im Fond nahezu grenzenlosen Luxus und wird mit den Liegesesseln zu einer entrückten Wellness-Oase auf Rädern, die bis zu 250 km/h durch die Landschaft düst - wenn sie nicht gerade im Stau irgend einer Weltmetropole steht.
Wegen Autos wie dem Toyota Mirai, dem Luxus-Maybach, einem Mercedes AMG GTS oder dem BMW-Doppel BMW X5 M/X6 M kommen die Messebesucher zehn Tage lang in die Stadt der Engel.
Die Stimmung ist lässig - auch weil die Messe für die führenden Hersteller zwar keine besonders wichtige der A-Kategorie ist
Die Schlagzahl auf der Show geben seit Jahren die Autobauer aus Europa und Japan vor. Die großen drei amerikanischen Hersteller sparen sich ihre Top-Neuheiten zumeist für die Detroit Motorshow auf, mit der jedes Jahr Mitte Januar das Autojahr eröffnet. Hier eine Modellpflege und da ein Sportmodell - mehr gibt es "Made in the USA" kaum in Augenschein zu nehmen.
Auf der typisch amerikanische Mischung aus Frankfurter IAA und Essen Motor Show sind in diesem Jahr über 60 Premieren, davon 34 Weltneuheiten, und jede Menge aufgefrischter Modelle zu sehen. Mit dem Mini Citysurfer Concept ist sogar ein elektrisches Skateboard darunter, dass die letzten Meter vom Parkplatz zu Restaurant oder Geschäft zum Vergnügen werden lässt.
Passt zu der Stimmung auf Los Angeles Autoshow. Die ist lässig - auch weil die Messe für die führenden Hersteller zwar keine besonders wichtige der A-Kategorie ist, man sich jedoch dennoch auf einem der wichtigsten Automärkte der Welt in einem ebenso entspannten wie strahlenden Licht präsentieren möchte. "Für uns ist Kalifornien der wichtigste Einzelmarkt in den USA", sagt BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer, "hier nimmt man Mini im Straßenbild wahr."
Gleichzeitig findet dieses Jahr die bereits elfte Design Challenge der Los Angeles Auto Show statt. Das Motto diesmal: "Erspüre die Zukunft: wie interagieren Fahrzeuge im Jahr 2029 mit uns?" Die Challenge ist im Laufe der Jahre müde geworden. Die abgehobenen Zukunftsvisionen wiederholen sich und das Publikum nimmt die Teilausstellung der Vorschläge allenfalls am Rande wahr.
Liza Kaz, Präsidentin der Messe, ficht das wenig: "Als eine der weltweit dynamischsten Metropolen hat Los Angeles den technologischen Fortschritt im Visier, der für unser tägliches Leben so wichtig ist", sagt sie. "Vor diesem Hintergrund ist das diesjährige Thema der Abhängigkeit des Menschen von der Maschine besonders passend, da unsere Sinne, Gefühle und Gewohnheiten sich immer weiter mit unseren Autos verbinden."
Der dreckig röhrende Jaguar F-Type ist künftig nicht nur als Handschalter, sondern auch als Allradler unter dem Namen F-Type AWD erhältlich
Einem ganz anderen Thema hat sich die Hauptneuheit aus dem Hause Audi gewidmet. Mit der Konzeptstudie des Prologue wollen die Ingolstädter eine geänderte Designlinie ins Leben rufen - initiiert von Chefdesigner Marc Lichte, der erst vor ein paar Monaten von Volkswagen zu Audi wechselte. Doch die fünf Meter lange Coupé-Studie sieht nicht nur elegant aus. Sie soll mit 605 PS und einer Sprintfähigkeit von 3,7 Sekunden bis Tempo 100 auch ihre Insassen begeistern. Das Serienmodell des R8 Competition steht mit seinen 570 PS fast schon untermotorisiert daneben - dafür schafft er Tempo 320.
Betont luxuriös zeigt sich Porsche. Denn dort ist neben den sportlichen GTS-Modellen von Cayenne und 911 der Panamera Exclusive zu sehen. Eine Besonderheit - neben dem edlen Interieur - ist die von schwarz zu braun metallic wechselnde exklusive Außenfarbe des auf 100 Exemplare limitierten Turbo S. Sein Preis soll bei rund einer viertel Million Euro liegen.
Britisch, aber alles andere als zurückhaltend, geht es bei Jaguar zu. Der dreckig röhrende Jaguar F-Type ist nicht nur als Handschalter, sondern auch als Allradler unter dem Namen F-Type AWD erhältlich. Seine 550 PS, die er aus einem Kompressor-V8 gewinnt, beschleunigen ihn - dank nun verbesserter Traktion - um eine Zehntelsekunde schneller als den heckangetriebenen Bruder in 4,1 Sekunden auf 100 km/h. Noch teurer und exklusiver: der Bentley Continental GT3-R.
Noch auf der Messe bekommen die Briten mächtig Dauerfeuer aus den USA. Das Cadillac ATS-V Coupe rauscht mit einem 3,6 Liter großen V6 und 450 PS heran. Ebenfalls aus dem Gastgeberland stammt der Dodge Charger SRT 392. Aus seinem 6,4 Liter großen V8-Motor holt er 470 PS. Den Viertelmeilensprint schafft er in rund zwölf Sekunden. Die Hellcat bietet über 700 PS und 340 km/h Spitze - für weniger als 70.000 Dollar.
Die Wolfsburger zeigen eine seriennahe Brennstoffzelle und machen so wenigstens schon mal die Muskeln breit
Ein regelrechtes Feuerwerk an Premieren brennt Mazda ab. Gleich drei Weltneuheiten, von denen das Hauptaugenmerk auf dem neuen CX-3 liegt, haben sie aus Japan mit über den Pazifik gebracht. Das Kompakt-SUV teilt sich die Plattform mit dem Mazda2 und soll im Frühjahr 2015 mit Front- und Allrad auf den Markt kommen. Die Modellpflegen der Erfolgsmodelle CX-5 und Mazda6 ergänzen den prallen Auftritt. Ein weiterer Japaner, der Honda CR-V erfreut sich ebenfalls einer Generalüberholung. Gleiches gilt für die aufgefrischte Generation des Ford Explorer und des Chrysler 300.
Echte Neuheiten bietet Fiat mit seinem kleinen Allradler 500x als Bruder des Jeep Renegade und Volvo mit dem ebenfalls über alle vier Räder angetriebenen V60 Cross Country. 65 Millimeter mehr Bodenfreiheit, eine Drehmomentsteuerung sowie Corner Traction Control ermöglichen dem schwedischen Kombi Fahrten abseits der befestigten Wege.
Neu auch der VW Golf R Variant. Erstmals ist der stärkste Serien-Golf auch als Kombi zu bekommen. 300 PS treffen auf 250 km/h Höchstgeschwindigkeit und 1.620 Liter Laderaum.
Den "klassischen" VW Golf Variant, in den USA als Golf SportWagen angeboten, gibt es zusammen mit dem US-Passat auf der Los Angeles Autoshow noch in einer ganz anderen Rolle zu bestaunen: Die Wolfsburger zeigen eine seriennahe Brennstoffzelle und machen so wenigstens schon mal die Muskeln breit gegenüber den führenden Herstellern Toyota, Honda und Hyundai, die ihre Wasserstoffmodelle allesamt im kommenden Jahr in Serie bringen. "Wir wollen mit unseren Modellen zeigen, dass wir vorbereitet sind", erklärt Audi-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg, "doch für eine Serienproduktion müsste es erst einmal die nötige Infrastruktur geben." Kalifornien ist eben nicht überall.
|