Die Uhren in Pebble Beach gehen anders - in der abgeschlossenen Gated Community ist man gerne unter sich und Seinesgleichen. Wer hier einfahren will, der muss eine Mitgliedsplakette am Kühlergrill haben, die ihn zum Bewohner einer der Villen deklariert. Wer nur Schauen und Staunen oder den legendären 17-Mile-Drive befahren will, dert muss zahlen. Einmal im Jahr aber öffnet die Luxusenklave südlich von Monterey einen Spalt ihre Tore und gibt Autofans in der dritten Augustwoche die Möglichkeit, am Leben der Schönen und Reichen teilzuhaben.
Im Rahmen der Autoweek finden im Triangel Monterey, Pebble Beach und der Rennstrecke von Laguna Seca die exklusivsten Oldtimerevents der Welt statt. Wer in der Automobilwelt etwas auf sich hält, der schlendert auf den satten Grüns von The Quail, bestaunt deutsche Klassiker bei Legends of Autobahn und vergrößert den eigenen Fuhrpark bei den millionenschweren Auktionen von Goodings, RM Sothebys oder Russo and Steele.
Es ist ein automobiler Jahrmarkt der Eitelkeiten, der spektakulärer kaum sein könnte. Exklusive Partys hier, geschlossene Closed-Room-Events mit Ausblicken auf die Neuheiten von morgen da und dazwischen noch eine kleine Golfrunde auf einem der sieben Plätze von Pebble Beach. Natürlich nicht am Sonntag, wenn die Autowoche mit dem Concours d'Elegance auf der Abschlussbahn ihren Abschluss feiert. Man zeigt dann betont lässig, hell gekleidet oder bunt betucht gerne, was man hat, wer man ist und wie man sich diese Saison automobil bewegt.
Was für ein Kontrastprogramm: Da sind beim Concours de Lemons die abgefahrensten Schrottkisten zu bestaunen, während sich bei The Quail die Schönen und Reichen bestens behütet bei Champagner und automobilen Luxus-Modellen in der kalifornischen Sonne aalen.
"Bei uns hier in Quail gibt es ein Drei-Sterne-Restaurant auf einem Golfplatz während drum herum die exklusivsten Autos der Welt präsentiert werden", sagt The-Quail-Organisator Gordon McCall entspannt mit Blick auf den wohl erlauchtesten Ameisenhaufen der Welt.
Man sieht sich, kennt sich, verachtet oder beachtet sich und schaut, ob die Dame an der Hand noch die gleiche ist wie vergangenes Jahr
Die Eintrittskarten sind streng limitiert und kosten 600 Dollar pro Stück. Die Besucher parken mit ihren Luxuskarossen auf den penibel gepflegten Grüns der Golfbahnen als es ob es zum Wochenendeinkauf in den Aldi ginge. Die abgeparkten Fahrzeuge rund um The Quail oder der Pebble Beach Lodge summieren Werte, die sonst mittelgroße Staaten als ihren Haushalt deklarieren.
Die Events der Monterey Autoweek bieten jedes Jahr exakt das gleiche - und erfinden sich dabei doch immer wieder neu. Man sieht sich, kennt sich, verachtet oder beachtet sich und schaut, ob die Dame an der Hand noch die gleiche ist wie im vergangenen Jahr. In die Optimierungsarbeiten am eigenen Körper wurde während der vergangenen 51 Wochen oftmals ähnlich viel investiert wie in die Restaurierung der automobilen Klassiker aus Europa und den USA.
Wo könnte die Weltpremiere des spektakulär restaurierten BMW 507 von Elvis Presley besser stattfinden als in Pebble Beach? Wo sonst als bei RM Auctions wird der 1955er Jaguar D-Type als Le Mans Sieger zum teuersten je versteigerten Auto aus Großbritannien? Mit 19,8 Millionen Dollar blieb er nach bisweilen zähen Versteigerungsverlauf jedoch knapp unter den erwarteten 20 bis 25 Millionen. "Bei so einem Auto gibt es unter den 1.000 Besuchern der Versteigerung vielleicht fünf oder sechs Interessenten", erläutert Alain Squindo, Chief Operating Officer beim exklusiven Auktionshaus RM Sotheby's.
Wohl noch spektakulärer: die 1962er Shelby 260 Cobra mit der Fahrgestellnummer CSX 2000, die bei RM Sothebys letztlich stattliche 12,5 Millionen Dollar brachte. "Alle fragen sich, wohin die Preise gehen", ergänzt Alain Squindo, "doch aus unserer Sicht bleiben diese sehr stabil. Es kommen mehr und mehr jüngere Kunden in den Markt, die Lust auf Versteigerungen bekommen. Mir ist am liebsten, wenn sich diese anfangs für einen Ferrari 328 interessieren und hinterher ein Dampfauto mitnehmen."
Doch nicht alle Autos wurden den großen Versteigerern aus den Händen gerissen. Ein 1967er Toyota 2000 GT blieb mit 460.000 Dollar bei Goodings ebenso deutlich hinter den Erwartungen wie ein im Neuzustand befindlicher Ferrari Testarossa von 1990, der statt der erwarteten 270.000 Dollar gerade mal für 150.000 Dollar versteigert wurde. Und selbst der ebenso rare wie penibel gepflegte Porsche 959 Komfort von 1988 brachte mit zäh erklommenen 1,2 Millionen Dollar deutlich weniger ein, als erhofft.
Schade, dass sich die Porsche-Jünger mittlerweile zu einem eigenen Event verabschiedet haben
Tausende strömten zu den Klassik-Autorennen auf die Rennstrecke von Laguna Seca, frönten ihrer Leidenschaft beim Concorso Italiano oder dem immer bedeutender werdenden Legends of Autobahn. Nirgends gibt es beeindruckendere Fahrzeuge aus deutscher Produktion zu sehen. Einzigartig die Vielfalt von BMW E9er Coupés, Z8, verschiedener 5er-Generationen oder der Geburtstags-Baureihe 02.
Tim Wilson und sein düster verrotteter 02 BMW haben es nur mit Mühe nach Monterey geschafft. "Als ich in Pennsylvania gestartet bin, ist mir nach 60 Meilen das Getriebe um die Ohren geflogen", erzählt der bärtige BMW-Fan, "ich bin zurück, habe Getriebe und Kupplung gewechselt und drei Tage bis hier gebraucht. Der 02er ist mein Daily Driver, mit dem ich mehrere tausend Meilen im Jahr fahre."
Der Wagen mit der Startnummer 76, vier Zusatzscheinwerfern und einem zerborstenen Interieur hat schon bessere Jahrzehnte gesehen. Doch bei Legends of Autobahn gibt es eben alles zu sehen. Nebenan ein beiger Audi 5000 im Bestzustand, klassische Mercedes-S-Klassen, eine ganze Armee sportlicher E 500 und grandioser SL-Versionen wie ein dunkelgrüner SL 280 von 1969. Thomas Uniack fährt die cooler Pagode ebenfalls jeden Tag. Tachostand: 453.000 Meilen. Allemal schade, dass sich die Porsche-Jünger, lange Jahre fester Bestandteil der Veranstaltung, mittlerweile zu einem eigenen Event verabschiedet haben.
Der Glanz der filigran restaurierten und oft jahrelang vorbereiteten Klassiker vergangener Jahrzehnte hat dabei bisweilen Mühe, die spektakulären Studien und Einzelstücke zu überstrahlen, die von den Autoherstellern auf sattgrünen Wiesen und illuminierten Podesten in Szene gesetzt werden. Elvis, Steve McQueen und Frank Sinatra hätten an Mercedes-Maybach 6 Coupé, BMW 2002 Hommage, McLaren 570 GT, Cadillac Escala, Bugatti Chiron oder Lamborghini Centenario Roadster ihre Freude gehabt.
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