Das Logistik-Unternehmen Hermes hat ab sofort drei ungewöhnliche Fahrzeuge im Fuhrpark. Die hybridbetriebenen Stufenheckversionen des Ford Focus müssen im Tagesgeschäft zeigen, was sie können. Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Ford-Modelle nicht von Serienfahrzeugen. Ein Blick hinter die blechernen Kulissen zeigt jedoch, dass der Focus FCEV mit dem benzinbetriebenen Kölner Serienbruder nicht viel gemein hat. Im Kofferraum ist vom vermeintlichen Ladevolumen nicht mehr viel zu sehen. Hier befindet sich der mächtige Gastank, in dem der Wasserstoff bei einer Temperatur von –253 Grad Celsius "gelagert" wird. Der Tank muss einen Druck von 350 bar aushalten. Entsprechende Crash-Sicherheit ist gewährleistet. Für den Antrieb selbst sorgen die Brennstoffzelle, die sich unter den Sitzen befindet und ein Elektromotor, der über der Vorderachse sitzt.
Beim Starten des Motors hört man zunächst einmal – nichts. Nach Drehen des Zündschlüssels geht es nach rund fünf Sekunden los. Der silberne Ford Focus fährt mit Elektrokraft geradezu geräuschlos aus der Einfahrt in den Berliner Stadtverkehr ein. Auf das bekannte Motorengeräusch muss man auch weiterhin verzichten - und das ist ungewohnter als man zunächst denkt.
Kalte Verbrennung
Der Focus lässt sich überaus flott bewegen. Beim jedem Bremsvorgang gewinnt er wichtige Energie zurück. Das Automatikgetriebe verfügt bei den aktuellen Modellen nur über eine Gangstufe. So erreicht der Kölner eine begrenzte Maximalgeschwindigkeit von 128 km/h. Den imageträchtigen Spurt 0 auf 100 km/h schafft er in immerhin 13,5 Sekunden. Das maximale Drehmoment von 230 Nm liegt elektro-typisch bereits bei geringen Drehzahlen an. Der Motor dreht maximal traumhafte 12.500 Touren. Allein: Das Leergewicht von 1,6 Tonnen kann der High-Tech-Focus nicht verhehlen.
Mit einer Tankfüllung hat der Fuel-Cell-Focus eine Reichweite zwischen 260 und 320 km – je nach Fahrweise. Statt Abgasen entsteht bei der kalten Verbrennung lediglich Wasserdampf und warme Abluft – da lächelt die Umwelt milde. Der Antrieb besteht aus zwei Teilen. Elektromotor und Brennstoffzelle leisten 68 kW bzw. 85 kW (92/115 PS), die alle Leitungen voll zu tun haben, den Ford munter zu bewegen. Schließlich wiegt die Limousine mit Alternativantrieb leer satte 1,6 Tonnen. Knapp 200 kg wurden zudem durch Leichtbaumaßnahmen eingespart. Sonst wäre der Focus durch die Brennstoffzelle und die mächtige 216-Volt-Batterie hinter der Rücksitzbank noch schwerer.
Realität als Testfall
Innen zeigt sich der Focus nahezu unverändert. Die Instrumente wurden nur leicht angepasst. Sonst gibt es die übliche Bedienung. Selbst Fensterheber, Klimaanlage und Soundsystem sind an Bord. Auf der Rückbank haben aus Gewichtsgründen nur zwei Personen Platz. In der Mittelarmlehne sitzt ein Teil der Bordelektronik. "Bei der dreijährigen Testphase geht es in erster Linie darum, den Betrieb unter realen Einsatzbedingungen zu testen," sagt Dr. Roland Krüger vom Ford Forschungszentrum in Aachen: "Zudem ist uns das Kundenfeedback aus technischer und nicht-technischer Sicht besonders wichtig."
Denn bei Ford weiß man: Es reicht nicht, dass der Hybridantrieb genauso gut wie ein Benziner oder ein Diesel ist. Flächendeckende Akzeptanz wird es nur dann geben, wenn die Motorengeneration mit Brennstoffzelle und Elektroantrieb besser ist. Der Alltagsbetrieb beim Kunden ist da ein sehr wichtiger Schritt.
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