Das Leistungspotenzial der ersten Winterreifen war noch bescheiden. Die Zulassung galt bis 120 km/h. Grobstollige Profile und bestenfalls leicht abgewandelte Sommermischungen für den Laufstreifen waren üblich. Im Vergleich dazu dominieren heute geradezu filigrane Profilbilder. Zahlreiche Lamellen für Leistungssteigerung und spezielle Silica-Wintermischungen haben das Speed-Limit auf heute 240 km/h getrieben. Das Tempo hat sich verdoppelt - die Bremswege haben sich halbiert. Die Laufleistung wurde mehr als verdoppelt und der Komfort verdreifacht.
Das grobstollige Profil, von Autofahrern auch heute mitunter immer noch als Kennzeichen für Wintertauglichkeit betrachtet, ist längst überholt. Zwar waren die kantigen Profilbilder damals tatsächlich hilfreich für die Traktion beim Fahren auf Schnee. Aber sie erwiesen sich auch als sehr laut und unkomfortabel auf schneefreier Straße.
Lamellen-Kunde
Moderne Profile allerdings verzichten keineswegs auf traktionswirksame Kanten für den Grip auf Schnee. Im Gegenteil. Durch eine sinnvolle Anordnung der Profilblöcke sind weit mehr Kanten entstanden - vor allem aber durch die Lamellentechnologie. Diese kleinen Einschnitte in den Profilblöcken, unterschiedlich in der Form je nach Hersteller, sind zahlreich vorhanden und öffnen sich in der Reifenfläche.
Vor allem sind die Lamellen so beschaffen, dass sie nicht nur in Längsrichtung wirken (also beim Anfahren und Bremsen) sondern auch in Querrichtung für die Seitenführung beim Lenken und in Kurven. Die heutigen feinen Profile von Winterreifen packen deshalb bei Schnee und Nässe nicht nur weit kräftiger zu als grobe Stollen. Sie sind auch erheblich leiser und liefern einen hohen Abrollkomfort. "Winterreifen der heutigen Generation sind von Sommerreifen in Geräusch und Komfort kaum mehr zu unterscheiden", sagt der Leiter der Winterreifen-Entwicklung bei Continental, Burkhard Wies.
Überall in Deutschland
Aber die Winterreifen-Entwickler haben noch mehr auf Lager - denn mit der Profilgestaltung allein wäre das Leistungsniveau nicht erreichbar. Eine weitere entscheidende Komponente, neben Details wie Unterbau und Kontur, ist die Gummimischung für den Laufstreifen. Dort findet der Kontakt zwischen Reifen und Straße statt, wird über Rutschen oder Greifen entschieden.
Der Sommerreifen hat eine Gummimischung, die für hohe Temperaturen konzipiert ist. Ab etwa sieben Grad plus wird sie zunehmend härter. Dieser Effekt reduziert die Kraftübertragung und verlängert zum Beispiel den Bremsweg - vor allem bei Nässe. Für Kälte und Glätte braucht es eine andere Gummimischung. Sie muss bei sieben Grad, aber auch bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt noch weich und elastisch bleiben. Auch auf schneefreier Straße. Von Oktober bis März und überall in Deutschland.
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